Kabarett-Revue jenseits der Großstadt

Mit „Dorf macht Oper“ hat FestLand e.V. in Klein Leppin gefragt, wie man reich und glücklich wird.

Ensemble / Organisation
FestLand e.V. - Verein zur Förderung des kulturellen Lebens
Projekttitel
Wie werde ich reich und glücklich? Dorf macht Oper 2023. Ein Revuestück von Felix Joachimson (Buch) und Mischa Spoliansky (Musik)
Bundesland
Brandenburg
Fördersumme
20.000 EUR
Genre
Vokal
Social Media / Website
Dorf präsentiert Fahrplan zu Reichtum - Prignitzer

“Nach der erfolgreichen Premiere am Sonnabendnachmittag ist [die Regisseurin] Mira Ebert glücklich. “Es war großartig”, sagt sie im Gespräch mit dem “Prignitzer”. “Wir haben mit dieser Revue ein großes Werk, das selten gespielt wird, nach Klein Leppin gebracht”.

Musiktheater für alle

Hundert Beteiligte stehen im Programmheft. Solist*innen, Chor, Orchester, Bühnenwerk, Technik und so fort – da kommt was zusammen. In Klein Leppin in der Prignitz dreht man in punkto Oper am ganz großen Rad! Seit knapp 20 Jahren lädt das 49-Einwohner-Örtchen immer im Juni oder Juli zu einer ambitionierten Musiktheaterproduktion ein. Laien aus der Region und Profis treten hier gemeinsam auf, singen und musizieren. Als Open-Air-Aufführung gab es 2023 anstatt einer klassischen Oper die bunte Kabarett-Revue „Wie werde ich reich und glücklich?“. Das Werk mit der jazzig, beschwingten Musik von Mischa Spoliansky hatte 1930 Uraufführung und wird heute eher selten gespielt. Dank IMPULS-Unterstützung konnte der Verein FestLand e.V. die Produktion nochmals auf stabilere Beine stellen.

Spielort mit Kultcharakter

Die Idee „Dorf macht Oper“ war ursprünglich entstanden, als der Geiger Steffen Tast vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin nach Klein Leppin aufs Land gezogen war. Zusammen mit Orchesterkolleg*innen initiierte er das Projekt. 2003 gründete sich der Verein FestLand e.V. – mit heute über 60 Mitgliedern – und als Aufführungsort wurde bald darauf eine nicht mehr genutzte Stallanlage fürs Vieh hergerichtet und umgebaut. Dieses FestSpielHaus ist Kult. Alte Tröge und die Anbindehaltung sind noch rudimentär vorhanden. Nach großen Erfolgen hat sich Steffen Tast vor zwei Jahren aus privaten Gründen vom Projekt verabschiedet. Die musikalische Leitung hatte 2022 und dieses Jahr Caspar Wein, ein junger Kirchenmusiker, Jahrgang 1993, was nicht zuletzt eine Verjüngung des gesamten Projekts nach sich zog.

 

Glitzer, Glamour, Jazzmusik

Diesmal wurde ein quasi Salonorchester – 15-köpfig und natürlich mit Saxofon – gebraucht. Es sorgte für die typischen Song- und Revue-Klangfarben der Goldenen Zwanziger. Bunt gemischt mit Schüler*innen, Studierenden und Professor*innen wurde hier über die Altersstufen hinweg musiziert. Ebenso im rein ehrenamtlichen Klein Leppiner Opernchor. Die Inszenierung der freien Regisseurin Mira Ebert verwandelte die Freilichtbühne unmittelbar vor dem FestSpielHaus mit aufwändig gezimmerten Holzkulissen in Berliner Großstadtflair. Dargestellt war ein altes Mietshaus im Hinterhof, das sich aber je nach Szene in die – scheinbar – glamouröse Welt der Reichen und Glücklichen verwandeln konnte.

Alles zum Thema Glück

Die Handlung der Kabarett-Revue erzählt eine Dreiecksgeschichte: Ein junger Mann verlässt seine mittellose Freundin, um sein Glück bei einem Mädchen aus gutem Hause zu suchen. Das natürlich klappt am Ende nicht… Der Chor hatte in der Klein Leppiner Inszenierung nicht nur die Stadtbevölkerung dargestellt sondern auch eine andere Rolle – die einer Conférence – übernommen. Auf diese Weise war die große Gruppe der 22 Chormitglieder direkt in die Story und das Hauptthema des Werks eingebunden. So ließ sich in so mancher Probe nicht nur die musikalische Herausforderung reflektieren, sondern auch die inhaltliche Frage: Was macht persönlich mich und was macht die Gesellschaft glücklich? Dazu lud FestLand e.V. bereits im Frühjahr Prignitzer Kinder in eine Glücksforschungswerkstatt. Die 7- bis 15-Jährigen gaben ehrlich Auskunft, was sie glücklich macht. Was dem einen seine Matchbox-Autos und Dinos sind, sind den anderen Liebe und Freundschaft oder Natur und Tiere. Auch anderen helfen zu können, gehörte dazu. Die Kinder fertigten zu ihren Antworten große Bilder und auch Videofilme an. Sie wurden zu den Aufführungen drinnen im FestSpielHaus präsentiert, was – bei geöffnetem ehrenamtlichen Operncafé – vor Vorstellungsbeginn und in der Pause für alle Gäste eine schöne, anregende Abwechslung bot. Seit 2020 verknüpft FestLand e.V. seine Opernprojekte mit gesellschaftlich relevanten Themen wie diesmal „Glück“. Bei anderen übers Jahr verteilten Vereinsveranstaltungen wird das aufgegriffen. Beim diesmaligen LandFest etwa gab es eine Podiumsdiskussion.

Bessere Honorare dank IMPULS

Mit einer öffentlichen Generalprobe und drei Vorstellungen war das „Dorf-macht-Oper“-Projekt 2023 eine großartige, vor allem aber eine richtig große Musiktheaterproduktion, wo die IMPULS-Mittel letzten Endes an allen möglichen Ecken und Enden Verwendung fanden. Für den Sound unter freiem Himmel etwa brauchte es einen professionellen Tontechniker. Und während manche Musiker*innen – wie einige der noch im Ensemble verbliebenen Mitglieder des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin – rein ehrenamtlich ohne Bezahlung mitwirkten, mussten insbesondere den eingebundenen freiberuflich arbeitenden Musiker*innen durchaus Honorare gezahlt werden. Auch wenn die trotz allem unterm Strich sehr niedrig sind. Bei „Dorf macht Oper“ macht niemand des Geldes wegen mit. Das Glück scheint den Beteiligten wohl woanders zu liegen.

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