Beliebte Schule mit Musik
Mittels IMPULS konnten bei der „Escola Popular“ Kinder ein Instrument erlernen und die hauseigene Bigband wurde beim Gesang topfit gemacht.
Brennpunkt Weimar West
Gitarre oder Schlagzeug lernen. Oder mal auf einem E-Piano richtig selber spielen können. Davon träumen viele Kinder. Doch solche Träume vom Musizieren gehen für die jungen Menschen nicht immer in Erfüllung. Vor allem Kinder aus Familien mit geringeren Einkünften sind hier oft von der kulturellen Teilhabe ausgeschlossen. Bei der „Escola Popular“ im strukturschwachen Weimarer Stadtteil West – wo laut Bundesagentur für Arbeit mit 45 Prozent die Anzahl an Sozialhilfeempfänger*innen besonders hoch ist – weiß man das. Mithilfe von IMPULS haben bei der „Escola Popular“ im ersten Halbjahr 2023 etwa 20 Kinder und Jugendliche bei wöchentlichem Gruppenunterricht ein Musikinstrument spielen gelernt. Viele von ihnen ganz ohne musikalische Vorkenntnisse von Null an. Ende Juni gab es ein großes Abschlusskonzert, das sich wahrlich hat hören lassen können.
Grundlage brasilianische Kultur
Jene – aus dem Portugiesischen frei übersetzte – „beliebte Schule“ ist in Weimar West ein soziokulturelles Zentrum, das als selbstständiges Werk der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) zahlreiche Kontakte und Kooperationen pflegt. Hier wird Samba-Perkussion unterrichtet und die brasilianische Kampf-Tanz-Kunst Capoeira trainiert. Zudem betreibt die „Escola Popular“ eine Musikakademie, an der es unter anderem die Bigband „Banda Popular“ für Pop, Rock und christliche Lieder mit viel lateinamerikanischem Rhythmus gibt. Im Idealfall soll hier jede und jeder Musik lernen können, unabhängig von Geldbeutel und Herkunft. Sinnigerweise trug das Projekt deshalb auch den Titel „Musik ohne Grenzen“.
Zweigleisiges Projekt
Durch die IMPULS-Förderung konnte die „Escola Popular“ nun gleich zwei Anliegen angehen. Zum einen wurde per kostenlosem Gruppenunterricht der musikalische Nachwuchs im Stadtteil gestärkt. Zum anderen bekam die bestehende „Banda Popular“ bei ihren Proben gesangspädagogische Unterstützung. Jetzt verfügt die 13-köpfige oft in wechselnder Formation musizierende Bigband über fünf Sängerinnen. Damit können Solo- und Gesangspartien besser verteilt und Songs effektvoller und mehrstimmig gesungen werden.
Musikpädagogik in drei Schritten
Aufgrund ihres guten Netzwerks im Stadtteil Weimar West konnte die „Escola Popular“ gezielt benachteiligte Kinder als Teilnehmende gewinnen. Drei an der Musikhochschule Weimar akquirierte und via IMPULS finanzierte freiberufliche Lehrkräfte übernahmen den Unterricht, der methodisch zunächst mit Rhythmischem Erleben durch Körperbewegung und Percussion begann, dann zum kreativen Ausdruck durch Singen überging und schließlich das Erlernen des Instrumentes fokussierte. Die Kinder konnten dabei selbst wählen, zwischen Gitarre, E-Piano, Schlagzeug oder eben nochmals der eigenen Stimme. Aufgeteilt waren die zwei Unterrichtsgruppen zunächst nach Alter in die 6- bis 12-Jährigen und 13- bis 18-Jährigen. Später wurde eine dritte Gruppe aufgemacht und die Kinder und Jugendlichen neu verteilt, um bestimmte musikalische wie soziale Lernziele zu intensivieren.
Erstkontakt: Selber musizieren
Vor allem diejenigen Kinder, die sich noch nie zuvor selbst an einem Musikinstrument versucht hatten, erlebten regelrechte Erfolgsmomente. Einstudiert wurden einfache Pop-Arrangements. Sie kamen beim Open-Air-Abschlusskonzert vor dem Gebäude der „Escola Popular“ bestens an. Der Auftritt fand bewusst vor Ort in Weimar West statt, wo die „Escola Popular“ zuhause ist. Auf diese Weise gab es einen idealen, direkten Werbeeffekt für die Menschen im Stadtbezirk.
Konzerte sind Werbemittel
Öffentlichkeitswirksam ausgewählt waren auch die Auftritte der „Banda Popular“, unter anderem auf der Straße bei der Fête de la Musique am 21. Juni 2023 in Weimar. IMPULS hatte bei der „Banda Popular“ einerseits das Honorar für die Musiklehrkraft der Proben bereitgestellt. Andererseits wurde ein weiterer Musiker bezahlt, der mehrere Titel extra für das Ensemble und seine Besetzung arrangierte. So gehören fortan etwa „Valerie“ von Amy Winehouse, „I can see clearly now“ von Johnny Nash oder „Mas que nada“ von Jorge Ben zum festen Repertoire. Die „Banda Popular“ ist gewissermaßen das Aushängeschild der „Escola Popular“. Deren Auftritte machen Zuhörer*innen nicht zuletzt neugierig, mehr über die Akademie und ihre musikalischen Bildungsangebote zu erfahren. Und wer weiß: Vielleicht spielen schon bald Kinder und Jugendliche aus den „Musik ohne Grenzen“-Kursen bei der „Banda Popular“ mit. Der nächste Traum, der wahr werden kann, steht schon bereit.