Gelebte Inklusion mit Oper

Menschen mit und ohne Behinderung haben beim Berliner „Werkstatt Utopia Orchester“ gemeinsam mit der Freien Waldorfschule Kreuzberg „Hänsel und Gretel“ aufgeführt.

Ensemble / Organisation
KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V.
Projekttitel
Anders sein ist ganz normal! Märchenoper inklusiv
Bundesland
Berlin
Fördersumme
16.220 EUR
Genre
Instrumental
Social Media / Website
Miriam Kremer, Presse und ÖA, KulturLeben Berlin

“Durch die IMPULS-Förderung konnten wir dieses wunderbare inklusive Musikprojekt durchführen und allen Beteiligten musikalische Begegnungen und künstlerische Erlebnisse ermöglichen, die sonst nicht umsetzbar gewesen wären. Vor allem die aktive künstlerische Teilhabe von Menschen mit Behinderung an klassischen musikalischen Angeboten in Berlin liegt uns außerordentlich am Herzen. Dank IMPULS konnten wir uns über unser Hänsel-und-Gretel-Projekt erneut dafür stark machen.”

Modernes Singspiel

Ein Geschwisterpaar, das sich auf einem bunten Rummelplatz verliert und dann zu der per Steckbrief gesuchten Hexe gelangt. „Wanted!“ stand deshalb auf den Plakaten an den aus Holz gezimmerten Kulissen. Diese großartige „Hänsel und Gretel“-Produktion überzeugte durch pfiffige Ideen und vor allem durch ihre Macher*innen. Das Berliner inklusive Werkstatt Utopia Orchester, in dem junge und ältere Menschen mit und ohne Behinderung musizieren, und 26 Schüler*innen der lnklusionsklasse 6b der Freien Waldorfschule Kreuzberg haben im März und April 2023 Engelbert Humperdincks Märchenoper als Singspiel nach der Fassung von Gerhard Buchner aufgeführt. Ein grandioser Erfolg. Die vier Vorstellungen an zwei Tagen an der Schule und eine weitere Aufführung im Berliner GRIPS Theater waren restlos voll besucht.

Premiere: Schulkooperation

Das Werkstatt Utopia Orchester, musikalisch von Dirigent Mariano Domingo geleitet, ist ein Ensemble des Vereins KulturLeben Berlin e.V., der sich seit seiner Gründung 2010 für die kulturelle und soziale Teilhabe von gesellschaftlich benachteiligten Menschen stark macht. Der Verein war organisatorischer Träger des inklusiven Opernprojekts und zum ersten Mal kooperierte KulturLeben Berlin e.V. hier mit einer Schule. Die Freie Waldorfschule erwies sich dabei für das Orchester, das als Laienensemble einen relativ hohen künstlerischen Anspruch an sich stellt, als kongenialer Mitstreiter. Sowohl Lehrkräfte und Schüler*innen als auch ehrenamtliche Eltern haben enorm engagiert zum Gelingen der Produktion beigetragen. Dank IMPULS-Unterstützung konnte der Verein dabei für alle nicht-schulischen Ausgaben aufkommen wie zum Beispiel das Honorar für die künstlerische und musik- und gesangspädagogische Gesamtleiterin, für eine Korrepetitorin bei den Proben oder auch für einen zur Aufführung bestellten Gebärdendolmetscher.

Normale Vielfalt

Dass Menschen unterschiedlich sind, dass sie mit etwaigen Behinderungen ganz verschieden ihre Fähig- und Fertigkeiten entwickeln, ist sowohl beim Werkstatt Utopia Orchester als auch in der Inklusionsklasse der Freien Waldorfschule ein werteleitendes Selbstverständnis. So musizieren im Orchester junge Erwachsene und Senioren. Manche haben körperliche oder geistige Behinderungen, auch sinnesbezogene Behinderungen sowie leichte kognitive Einschränkungen kommen vor. Andere wiederum haben nichts dergleichen. Die Orchestermitglieder bilden somit eine bunte Mischung, die unterm Strich das „Anders sein“ als ganz normal erleben lässt. So jedenfalls für das Publikum bei Hänsel und Gretel. Die Hauptrollen mit vielen Sprechpassagen und anspruchsvollen Gesangspartien waren von Kindern solistisch besetzt. Die bekannten in der Oper vorkommenden Kinderlieder wie „Ein Männlein steht im Walde“ oder „Suse, liebe Suse“ wurden chorisch gesungen. 

Intensive Proben & Engagement

Während die Kinder ihren Part insbesondere im Schulunterricht erlernten, übte das Orchester die Musik bei seinen wöchentlichen Donnerstagsproben ein. Anschließend waren eine gemeinsame Kennenlernprobe und weitere fünf gemeinsame Proben angesetzt, was im Rückblick zu wenig war. Nicht unbedingt für die Schüler*innen, wohl aber für das Orchester. Bei gemeinsamen Proben mit Kindern geht es zwangsläufig etwas lebhafter zu. Hier die volle Konzentration zu wahren, ist für Amateurmusiker*innen – die in den Proben ja nicht zuletzt einen Ausgleich zu ihrem durch Beruf und Familie fordernden Alltag suchen – eine Herausforderung. Mehr Gelegenheit, dass sich beide Seiten aneinander gewöhnen, wäre für ein nächstes Mal eventuell vorteilhaft. Zudem waren die Orchestermitglieder auch mit den insgesamt fünf Aufführungsterminen stark gefordert. Für Vorstellungen werktags mussten manche Urlaub einreichen, wobei freilich das gemeinsame Erlebnis am Ende in der Regel alles wieder wettmachte.

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