Bläserklasse für Erwachsene

Blasmusik für alle – Musikverein Dermbach
Mit einer neuen Erwachsenenbläserklasse initiierte der Musikverein Dermbach sein drittes Orchester, als Lernformat und Nachwuchspool für das Hauptorchester. Die Dozent*innen und Musikinstrumente konnten über eine IMPULS-Förderung finanziert werden.
Projektmediathek
Der Musikverein im rheinland-pfälzischen Dermbach hat sich vorgenommen, sein großes Blasorchester wieder etwas auszubauen. Derzeit spielen dort 30 Mitglieder, in früheren Jahren waren es noch bis zu 50. Das Jugendorchester hat momentan 15 Mitglieder. Wie viele von ihnen langfristig dabei bleiben und irgendwann ins große Orchester wechseln, kann niemand genau vorhersagen. Hinzu kommt, dass die traditionell mehreren Konzerte pro Jahr während der Coronapandemie in den Jahren 2020 und 2021 auf ein Minimum reduziert wurden. Anfang des Jahres 2022 brachte Dirigent Thomas Drost von einer Fortbildung eine Idee mit. Nicht nur sollten im Jahr 2022 wieder mehrere Auftritte in der Umgebung im Kalender stehen. Zusätzlich wollte sich der Verein ein neues Format aneignen, um längerfristig die Mitgliederzahl zu erhöhen. In einer Erwachsenenbläserklasse sollten ab Herbst Amateurmusiker*innen mit Vorerfahrung und Anfänger*innen zusammen erste Stücke lernen. Die musikalische Leitung übernahm Orchesterleiter Drost, den organisatorischen Part der erste Vorsitzende Johannes Patt.
Eine Bläserklasse für Erwachsene
Patt selbst erlebte, wie er in einem Telefonat im Dezember berichtet, einen traditionellen Zugang zum Blasorchester. Der 32-jährige Trompeter spielte ab 2002 zunächst im Jugendorchester, seit 2007 ist er Mitglied des großen Orchesters. Die Idee, nun ein Lernformat für Erwachsene anzubieten, fand im Verein schnell Anklang. Bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten entdeckte Patt das IMPULS-Förderprogramm, über das schließlich die Bläserklasse für den Musikverein ermöglicht wurde. Wenige Wochen nach der Förderzusage startete bei einem Konzert die Anwerbephase für das neue Angebot. “Der Verein hat im Mai sein 115-jähriges Jubiläum gefeiert”, berichtet Patt. “Dort haben wir das erstmals öffentlich bekannt gegeben.” In den darauffolgenden Wochen verteilten die Vereinsmusiker*innen Flyer und verbreiteten die Informationen per Website und Social Media. Für die regionalen Zeitungen organisierten sie eine Pressekonferenz. Insgesamt fiel die Resonanz wesentlich positiver aus als erhofft. Über etwa 20 Anmeldungen hätten sie sich schon gefreut, so berichtet es Patt. Innerhalb des Anmeldezeitraums erhielten sie am Ende 43 Zusagen. “Damit hätte ich nie gerechnet”, so Patt.
Manche der Teilnehmer*innen hatten früher bereits ein Musikinstrument gespielt, andere wollten erstmals damit anfangen. Das Altersspektrum reichte von 17 bis 67 Jahren, insgesamt meldeten sich wesentlich mehr Frauen als Männer. Zunächst organisierte der Verein für die Teilnehmer*innen Möglichkeiten, die verschiedenen Musikinstrumente auszuprobieren und sich für eines zu entscheiden. Ab dem 1. September ging es ans wöchentliche Proben in den Räumen der Dermbacher Mehrzweckhalle. Sowohl Register- als auch Tuttiproben fanden zunächst jeweils einmal pro Woche statt. Die meisten der beauftragten Dozent*innen unterrichten sonst an der Kreismusikschule Altenkirchen. Rüdiger Bröhl übernahm das hohe Blech, Simone Imhäuser das tiefe Blech, Nadja Killet kümmerte sich um Klarinetten und Saxofone, Anke Welsch um die Querflöten. Schließlich übernahm aus dem Vereinsorchester Stefan Hees den Unterricht für die Schlagzeuger*innen. Die Dozent*innen erhielten Honorare aus dem IMPULS-Förderbudget für den Unterricht, der so für die Teilnehmer*innen bis Ende Dezember kostenfrei angeboten werden konnte.
Ein weiterer großer Teil des Budgets wurde in Musikinstrumente investiert. Einige der Teilnehmer*innen hatten noch ein eigenes Musikinstrument, mit dem sie proben konnten. Die große Mehrheit griff auf das Leihangebot des Vereins zurück. Was der bisherige Bestand nicht hergab, wurde daher je nach Preis gebraucht oder neu gekauft. Um die Instandsetzungen gebrauchter und die Organisation der neuen Musikinstrumente kümmerte sich Armin Leyener, der auch sonst die notwendigen Reparaturen der Orchesterinstrumente übernimmt. Bei den ersten Proben der Bläserklasse zeigte sich schnell, dass das sonst für jugendliche Schüler*innen verwendete Konzept sich ohne Weiteres mit erwachsenen Teilnehmer*innen umsetzen ließ.
Erster Auftritt im Dezember
Nach einer Probenphase von nicht ganz vier Monaten gingen die 43 Neulinge im Dezember erstmals auf die Bühne. Beim Jahreskonzert am 10. Dezember spielten das große Orchester und das Jugendorchester ausgewähltes Repertoire. Die Erwachsenenbläserklasse steuerte die drei bisher geübten Stücke “Jingle Bells”, “Bruder Jakob” und “Morgen kommt der Weihnachtsmann” bei. “Die Erwachsenenbläserklasse hat mit Abstand den meisten Applaus bekommen”, beschreibt Patt. Insgesamt ist sein Fazit zu dem Konzertabend mit etwa 300 Gästen im Hüttenhaus in Herdorf sehr positiv. Es zeichnet sich ab, dass die meisten Teilnehmer*innen im nächsten Jahr weitermachen möchten. Zwar ist das Fördervorhaben Ende Dezember abgeschlossen, aber die Musikinstrumente werden sie trotzdem weiter kostenfrei ausleihen können. Für die Dozierendenhonorare werden sie ab Januar voraussichtlich überschaubare Beiträge zahlen. Einige der neuen Klarinettist*innen denken bereits darüber nach, zusätzlich Einzelunterricht zu nehmen. Patt zeigt sich zuversichtlich, dass auch das große Orchester durch die Erwachsenenbläserklasse bald wieder mehr Mitglieder haben dürfte: “Der eine oder die andere kann wahrscheinlich schon in etwa einem halben oder dreiviertel Jahr unser Orchester verstärken.”